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Verschränkung?

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Kurzer Zwischenruf von einem, der dieses „Thema“ losgetreten hat und sich daher noch dafür verantwortlich fühlt.

Ich hatte mit meinem Beitrag um „Klärung“ gebeten und bin begeistert, ob der Resonanz. Hier gibt es alles: Einen rasanten Start, eine anhaltend hohe Frequenz, Beiträge mit einer gewaltigen inhaltlichen Dichte und sprachliches Feuerwerk. Nur die Sache mit der Klärung habe ich abgeschrieben. Dieser Mäander ist mir zu mächtig. Jeder Beitrag generiert mir 100 neue Fragen. Wie könnte ich sinnvoll anschließen? Warum habe ich eigentlich nie Philosophie studiert?

Das Gefühl der Verantwortung für dieses(!) Thema habe ich nun gegen Popcorn eingetauscht. In Maßen ist das auch lecker.

In meiner Rolle als Moderater, hoffe ich auf weitere Themen mit derartiger Schwungkraft und darauf, dass noch mehr Menschen ihren Weg ins Fuchs-Forum finden. Als Freund systemtheoretischer Theoriebildung, hoffe ich auf viele Gelegenheiten, mich in künftige Debatten einmischen zu können.

Zurück zum Thema.

Lieber Franz et al.

„Dieses nicht als bloße Wiederversöhnung der Gegensätze usw., der Zurückverschmelzung der Zweiheit zur Einheit, in „dem“ Sinnsystem o.ä. zu begreifen (was ja, als VERschmelzung, vorherige Abzählbarkeiten, durch fachdisziplinär programmierte Beobachtung digitalisierte „Einheiten“ quasi, voraussetzt und all das, … mit Zäunen usw.), sondern als ganz-andere (weder weder-noch noch weder noch noch…) Weise des… ja, hier sucht man das neue Wort… und für diese Suche eher als für den bereits anmeldbaren Fund steht, schätze ich, das Chiffre VERSCHRÄNKUNG ein.“

Tatsächlich finde ich deine Überlegungen wie immer spannend, deine Herleitung von VERSCHRÄNKUNG  nicht minder. Interessant wäre aber, wie man dort aus zum ‚System‘ kommt, genauer zum ‚System Luhmanns‘, eben zur Soziologie.

„Ich sollte diesen Post nochmal durchlesen vor dem Absenden, aber stattdessen hole ich mir Kaffee.“

Ich hole mir einen doppelten Espresso. Ansonsten überschüttet (überschüttelt) man mich mit Mineralwasser. Meine Seele knurrt dessentwegen, weil ich gegen die Töchterdamen keine Chance habe – jedenfalls, wenn sie mich besuchen, ansonsten ist das ‚Heimliche‘ möglich.

Herzliche Grüße

Peter

Zitat von henryN am 27. Februar 2024, 19:45 Uhr

Lieber Peter

“Wirklichkeit | Möglichkeit“ ist eine interessante Formung. Die Grenzen dessen was möglich ist, formt das, was wirklich ist?

Henry

Lieber Henry,

ich würde das nicht so machen. Die Form deiner Äußerung ist hübsch. Allerdings: Ob sie stimmig ist oder nicht, ist eine andere Frage. Für mich führt sie heraus aus dem Grenzproblem; die Grenze dessen, was möglich ist, ist eine unmögliche Geschichte, wenn man daran denkt, dass Luhmanns ‚Operativität des Systems‘ nur ‚innen‘ stattfindet und nicht nach außen gelangt. Innen/Außen wird innen konstituiert … aber damit tun sich verdammt viele Probleme auf.

Herzliche Grüße an die 11 Hippies

Peter

Lieber Peter

Die Stimmigkeit muss sich noch erweisen. Ich teste es gerade noch in verschiedenen Kontexten. Prinzipiell fasst diese Unterscheidung genau jenes ereignistheoretische Modul, dass mir vor einigen Jahren schon in die Hände viel…..

Ich verstehe Deinen Einwand und habe lange gebraucht, um zu verstehen, was ihn nötig gemacht hat. Die Unterscheidung [Prozess | Herausforderung] plus Modellierung der Interaktion (Interaktionsmodell) löst meines Erachtens dieses Problem. Darum ging es von Anfang an, wenn auch die Ursprungsherausforderung keine soziologische sondern eine ‚pädagogische‘ gewesen war.

das Problem, dass ich dort bei Luhmann sehe, ist der Begriff [Konstruktion]. Er impliziert eine gewisse Singularität, der ich nie folgen wollte. Für mich führt Konstruktivismus in eine Leerstelle hinein. Auch wenn ich die Schlussfolgerungen über alle Maßen teilen kann…

nein. Was ich möchte, ist eine Prozessbasierte Theorie. Etwas das auch die Ökonomie bitter nötig hätte, die nach wie vor Prozesse auf einer Abfolge von Entscheidungen begründet. Nur: Zwischen jeder Entscheidung passiert was?

Was jetzt nötig wäre, ist die Definition von Axiomen zu Unterscheidung, was ein Prozess von etwas anderem unterscheidet.

nr 1: (heute im Gespräch darüber entstanden) Ein Prozess lässt sich nicht anhalten.

Würde er angehalten, bräche das System zusammen. Entweder unter der Überlast der Herausforderung oder an der Fähigkeit, Ereignisse lokalisieren und prozessieren zu können…..

eine Straße ist dadurch [wirklich], weil sie die [Möglichkeiten] der Bewegung zwischen Links und Rechts einschränkt…. Das hat sehr viele Vorteile…. 🙂 Ich muss nicht [steuern] (Handlung, Entscheidung) [singulär] sondern kann meine Position zwischen links und rechts jederzeit! [regulieren] (Prozess) ……Jede mögliche Position formt die endliche unendliche Menge zulässiger (lokalisierbar und prozessierbar) Ereignisse. Gäbe es ein Ereignis, dass nicht lokalisierbar wäre, stünde der Prozess (Bewegung auf der Straße) in Frage ….

gleiches lässt sich auch auf ökonomische und soziologische Prozesse übertragen….leider mit so zahlreichen Implikationen, dass ich das allein nicht tragen kann  ….

Ein wahrlich großes Problem ist es, [Information] als Term zu übersetzen, so dass er operationsalisierbar wäre. Anhand von Beispielen kein Problem… aber als Definition, die als Technologie erkannt werden kann … ? 

Das ist jetzt keine Systemtheorie, aber würde ihr zu mehr Reichweite und Kompatibilität verhelfen……

Ob sich auch neuronale Netze in einem Modellierungs und nicht in einem Konstruktionsmodus befinden, muss noch bestätigt werden …. Gewisse Forschungsergebnisse bezüglich der Prozessierung von akustischen Signalen verweisen darauf ….

Liebe Grüße Henry 🙂

ja, die Mitgliederzahl ist geschrumpft. Die organisations- und systemtheoretisch erfassbaren Ursachen hatten wir schon vor vielen vielen Jahren mal besprochen … Ich habe damals von Dir viel gelernt …. Etwas, dass die Intuition aber leider schon lange vorher vermuten musste …;)

Zitat von Peter Fuchs am 3. März 2024, 20:50 Uhr

„Tatsächlich finde ich deine Überlegungen wie immer spannend, deine Herleitung von VERSCHRÄNKUNG  nicht minder. Interessant wäre aber, wie man dort aus zum ‚System‘ kommt, genauer zum ‚System Luhmanns‘, eben zur Soziologie.“

Lieber Peter,
Soziologie entsteht, das würde ich historisch und also recht konventionell angehen, zunächst durch ihr sich-Weg-Unterscheiden von der Philosophie als Wissenschaft, und im Kontext von Wissenschaft dann als Binnenabgrenzung zur Psychologie. Damit das geschehen konnte und immer wieder neu funktioniert musste viel vorbereitet sein, unter anderem: Woher verfügt das, was dann als „Systeme“ ausfällt (und auffällt), überhaupt über die Technik des Unterscheidens?

Spencer-Brown ist hier – so meine Perspektive – keine Hilfe, denn er setzt, was er braucht, einfach voraus als „gegeben“, so wie man es in der Logik beim Basteln formaler Sprachen eben macht; gegeben meint, man gibt es sich selbst: „We take as given the ideas…“ (Eingeübte Spencer-Brownianer mögen einwenden: „Aber man KANN doch auch nicht bezeichnen, ohne je immer schon unterschieden zu haben!“ Aber dieser transzendentale Schein verdankt sich dem Ausblenden der willkürlichen Setzung, „Unterscheiden“ strikt als zweistellige Relation zu begreifen, und der selbstverständlichen Inanspruchnahme des Prinzip des Widerspruchs. Was transzendental, also unhintergehbar erscheint (sic), ist nur ein in Betrieb genommener Zirkel)
Anders dagegen die (Ansprüche der) Phänomenologie: Dort ist das „Gegebene“ das „Hinzunehmende“ (Wittgenstein); um die Sachen selbst – nämlich das, was dem Bewusstsein erscheint – braucht man sich nicht extra kümmern, man kann ihm auch nicht ausweichen (unabhängig davon, dass dem Bewusstsein die zB neurologische Vorgeschichte seiner Wahrnehmungen nicht mit-erscheint. Die phänomenologische Reduktion ist keine physiologische oder psychologische Theorie der Wahrnehmung, auch keine „Erkenntnistheorie“, sondern zunächst nur der Versuch, nichts als das, was und wie all das erscheint, zu beschreiben.) „Erscheinung“ ist insofern „transzendental“, als es nicht möglich ist, irgendetwas zu beschreiben, ohne dabei immer schon von Erschienenem (und seinen Weisen) intentional „Gebrauch“ zu machen. Die logische Figur, die man in der Phänomenologie ja auch als „Grenze ohne Außen“ kennt, vgl. Sinn, Welt, Zeit, und die bei Luhmann als „einseitig verwendbare Zwei-Seiten-Form“ beerbt wird.
Um den Unterschied nochmal zu bezeichnen: „Unterscheidung“ kann man sich auch anders als die LoF vorschlagen vorstellen, z.B. als eine Figur mit mehr als zwei Seiten oder wie auch immer (es ist ja nicht so, dass die LoF den „wahren“ Kern der Unterscheidung-an-sich-selbst-betrachtet offenbaren, sondern sie installiert halt einen Begriff „Unterscheidung“ so, wie sie es eben tun tut).
„Erscheinung“ dagegen ist das Material, mit dem man selbst noch umgehen müsste, wenn man jegliches Erscheinen negieren möchte. Anders als in manchen Formen des Idealismus (z.B. in einigen Texten des sog. „Radikalen Konstruktivismus“) enthält sich die Phänomenologie als Lehre von den Erscheinungen einer Metaphysik, die Dinge-die-es-auch-irgendwie-gibt-obwohl-sie-nicht-erscheinen-können von den Erscheinungen trennt; auch bei Husserl steckt „nichts dahinter“.
Wenn auch „Erscheinen“ eine derartige Unhintergehbarkeit bezeichnet, ein schieres Begegnen, ein fungierendes „Da-Sein“, wie soll einem da je eine Differenz erscheinen, und nicht immer nur Differenziertes? Kein Mensch hat je eine Differenz gesehen…
Mit Husserl (und Hegel, und Luhmann): In Weisen des Übergangs, in der Zeit, als ein Werden (mit Derrida und Dir, lieber Peter, eben: als différance?), als fließendes Übergehen von Verschiedenheiten in andere Verschiedenheiten. In „Erfahrung und Urteil“ thematisiert Husserl diese Konstitution von graduellen, abstandslosen Verschiedenheiten als Inhalte „vor-prädikativer“ Urteile. Das gibt uns einen Hinweis: Aus Verschiedenheiten werden Unterschiedenheiten, Differenzen-in-der-Zeit erst durch Zeichengebrauch. Durch die sprachliche Leistung der Generalisierung von Sinn. Diese Verallgemeinerungsleistung dreht sozusagen die Kontraste so hoch, dass es auf einmal jene scharfen Wechsel gibt (Äpfel, Birnen, Autos, Immobilien, das/nichts-sonst, innen/aussen, hier/ drüben, Wirtschaft/Recht, System/Umwelt, usw.), mit denen es dann auch eine soziologische Systemtheorie zu tun hat…

LG Franz

Lieber Franz

„Kein Mensch hat je eine Differenz gesehen …“

Soweit ich weiß, stimmt das – ähnlich wie bei System. Aber immerhin gilt das auch für eine Schlange, für einen Elefanten, der von einer Streichholzschachtel geritten wird, für die Liebe etc. Ich denke da auch an asiatische Religionen oder anverwandte Bestrebungen, die den Nicht-Baum sehen wollen. Ich selbst versuche das immer wieder, es gelingt mir einfach nicht: die Sprache steht so was von ‚dazwischen‘ genau wie die ‚Differenz‘. Ich denke an die Möglichkeit, dass die ‚Phänomenologie der Differenz‘ auch verschieden gedeutet werden kann: der Phänomenologie der Differenz (das, was die Differenz an Phänomenen auswirft) oder der Differenz, die als Erscheinungsweise der Differenz gesucht wird. Ich probiere gerade aus, ob die zweite Deutung nicht einen Hinweis für ‚Verschränkung‘ sein kann. Aber das ist noch völlig unbestimmt.

Dein Hinweis auf ‚Abstandlosigkeit‘ (Synousia) trifft ziemlich genau, was ich mir unter Verschränkung vorstellen kann. Aber außer Gedichten fällt mir nicht viel ein, etwa:

„Ein Loch ist da, wo etwas nicht ist./  Das Loch ist ein ewiger Kompagnon des Nicht-Lochs: /Loch allein kommt nicht vor, so leid es mir tut.  (Kurt Tucholsky)

Oder schau dir an: Salvador Dalí y Doménech: Le pharmacien d’Ampurdan ne cherchant absolument rien, 1936. Der Apotheker von Ampurias auf der Suche nach absolut nichts. (Folkwang Museum)

„Mit Husserl (und Hegel, und Luhmann): In Weisen des Übergangs, in der Zeit, als ein Werden  (mit Derrida und Dir, lieber Peter, eben: als différance?), als fließendes Übergehen von Verschiedenheiten in andere Verschiedenheiten. In „Erfahrung und Urteil“ thematisiert Husserl diese Konstitution von graduellen, abstandslosen Verschiedenheiten als Inhalte „vor-prädikativer“ Urteile. Das gibt uns einen Hinweis: Aus Verschiedenheiten werden Unterschiedenheiten, Differenzen-in-der-Zeit erst durch Zeichengebrauch.“

Und: Wie wäre es mit einer Phänomenologie der différance?

Herzliche Grüße

Peter

[An]Zeichen-Gebrauch…?

Lieber Peter,

[„Kein Mensch hat je eine Differenz gesehen …“

Soweit ich weiß, stimmt das – ähnlich wie bei System. Aber immerhin gilt das auch für eine Schlange, für einen Elefanten, der von einer Streichholzschachtel geritten wird, für die Liebe etc.]

Ja, … und nein. Dieses „Auch-gelten-für…“ in einer Hinsicht sollte nicht die Unterschiede in anderen Hinsichten – hier: begrifflicher Art – einebnen. Ich kann meinem verstorbenen Urgroßvater nicht die Hand schütteln, und dem passiven Wahlrecht auch nicht; aber daraus folgt nicht, dass ich in anderen Hinsichten von Lagen im einen Bereich (Uropa) Schlüsse (und sei es jenem der Irrelevanz für folgende Argumentationen) ziehen kann bzgl. Lagen im andren Bereich (passives Wahlrecht), indem ich die UnterscheidUNG von empirischer Unmöglichkeit (der Uropa steht halt grad nicht zur Verfügung zum Hände schütteln. Ich könnte mich aber um eine Exhumierung bemühen, oder Dr. Frankenstein um Hilfe angehen…) und begrifflicher (logischer) Unmöglichkeit einebne.
In diesem Sinne ist das Nie-gesehen-haben der Schlange und der Streichholzschachtel ein Verweis auf die Unterscheidung von sprachlich-zeichenhafter Generalisierung von Sinn und den wabernden Flüchtigkeiten der  vorprädikativen Wahrnehmung, und begrifflich kategorial verschieden vom Nie-gesehen-haben einer Unterscheidung (oder auch: System). Diese Bemerkung ist also ein rhetorisch gewitzter Kniff, um den Gebrauch des Ausdrucks „etwas sehen“, wie er in der alltäglichen, vortheoretischen Welteinstellung Routine ist, mit dem Gebrauch innerhalb der Theoriesprache zu konfrontieren, zum Zwecke der Irritation (Denkanregung und so). 
Nun wird aber der Ausdruck „Erscheinung“ innerhalb der (phänomenologischen)  Tradition, auf die wir uns, und sei es in einer entschlossen bekundeten Absetzbewegung („von nun an: ‚Erscheinen der Differenz bzw. der differénce’“), beziehen, gerade genau nicht so gebraucht, dass man nun „erscheinen“ physiologisch oder psychologisch oder soziologisch oder semiotisch anders beleuchtet (sic!) usw. („noch nie ist jemandem – wer sollte denn der jemand sein? Das ist ja auch nur ein Zeichen… – ‚etwas‘ erschienen, weil usw usw usw“), sondern als Verweis auf das Material, das von all diesen Dekonstruktionen in Anspruch genommen wird: Wahrnehmung
Drum erweisen sich – so mein Eindruck – alle drei Redewendungen in dem Luhmannzitat, auf das wir uns ja immer noch beziehen, –Erscheinen des Geistes, Erscheinen der Welt, Erscheinen der Differenz – als das Resultat einer geschickt platzierten (rhetorischen) Paradoxie. Weder im hegelschen, noch im husserlschen, noch auch im luhmannschen Sinne können „Geist“, „Welt“, „Differenz“ je als Phänomen, als Erscheinung begegnen, hin-genommen werden, zu „leibhaftiger Evidenz“ gebracht werden, ums husserlianisch zu formulieren. Sondern all das kann nur erschlossen oder unterstellt werden, und sei es, transzendental oder auf Bewährung, als „regulative Idee“ (wie Kants „das Ding an sich selbst betrachtet“, das man eben gerade nicht betrachtet, sondern als invarianten Bezugspunkt – wir würden heute sagen: als Medium – jeglicher Betrachtung eines Dinges ALS Ding voraussetzt).
Ich meditiere mal schreibend…Differenz …per se ein reflexiver Begriff, ein Rück-Bezug, eine „Lese“ (wie in „Weinlese“), die Wahrgenommenes auf einander bezieht und zur „Spur“ zusammen-stellt… wenn diese „Lese“ selbst erscheinen soll, und nicht das mittels ihr Gelesene, fällt mir als erstes Dein Begriff der Formkatastrophe ein… I mean, dass man dauernd ein- und ausatmet fällt mir immer erst dann auf, wenn ich den Berg zu meiner Hütte hochlaufen muss, und dabei „außer Atem“ gerate.

Zu welchen Anschlussüberlegungen diese paradoxe Selbstverblüffung durch diese Rede vom „Erscheinen von…“ führen möge (sprich: wozu das Ganze?)? Ich weiß es auch noch nicht. Drum bin ich sehr gespannt, wie sich Deine Arbeit dazu entwickelt…

Beifang: Mir fällt im Zuge meines Herummäanderns auf, dass „Erscheinen“ zumindest in der Phänomenologie ebenfalls als eine nur einseitig verwendbare Zwei-Seiten-Form begriffen werden könnte: Denn auch noch der „bloße Schein“ widerfährt zunächst und nur als Erscheinen, oder es hat halt nix geschienen, nicht mal trügerisch…

Herzliche Grüße

Franz

Lieber Franz,

ich denke, bei dem genannten schönen Luhmann-Zitat scheinen mir die Ebenen unterschiedlich. Ist vom Erscheinen der Welt im Geiste bzw. des Geistes in der Welt die Rede, ist dies nur vorstellbar um den Preis einer (ontologischen) Vorgegebenheit, Geist bzw. Welt. Luhmann macht einen Sprung: Er lässt nicht Gegenstände erscheinen, sondern Differenzen. Als „Erste Differenz“ nimmt er die Differenz Wirkliches/Mögliches an, also m.E. nach Sinn. Damit ist also nicht DAS Wirkliche und DAS Mögliche gemeint, sondern die Differenz. „Wirkliches“ ist der gewählte Sinn, „Mögliches“ wäre das Und-so-weiter anderer Sinnoptionen. Das, so meine ich, ist der Unterscheidung Form/Medium formgleich gebaut.

Ich wäre vorsichtig, Phänomene als wahrgenommene zu bezeichnen. Das schränkt die Theoriemöglichkeiten vorschnell ein. Liebe kann man nicht wahrnehmen, man kann sie aber beobachten, also unterscheiden und bezeichnen („Liebe/Gleichgültigkeit“ o.ä.). Sie ist damit ein Phänomen. Dass Welt und Geist nicht wahrnehmbar sind, denke ich auch. Sie sind wohl, wie auch Sinn, differenzlose Begriffe. Luhmanns Sprung legt die Angelegenheit tiefer. Er beginnt mit Differenz selbst anstatt mit bestimmten Differenzen der Phänomenologie vor ihm.

Ob man, wie Peter andenkt, eine Phänomenologie der différance basteln kann, also die différance erscheinen lässt, kann ich mir noch nicht vorstellen. Wie ich Derrida lese, entkoppelt er Ereignis (was auch immer das dann noch ist jenseits der „Spur“) und Phänomen zeitlich: Das Phänomen kommt „zu spät“ in Bezug zur Zeitstelle des Ereignisses. Dass Phänomene „nachträglich“ sind (zeitlich später und „Text“ hinterhertragend), finde ich plausibel, aber wie Nachträglichkeit selbst phänomenalisierbar ist, ist für mich die Frage. Wenn das Ereignis verloren ist, fehlt der Bezugspunkt für Nachträglichkeit.

Herzliche Grüße

Günther

Phänomenologie der Differenz – nur ein Versuch aus informationstheoretischer Perspektive …..

Ich muss ich sehr sehr danken für diesen Diskurs. Er hat einiges in Bewegung gebracht….

1. Erscheinung nicht in Relation zu einem undifferenziertem Begriff einer undifferenzierten Wahrnehmungs‘welt‘ eines Geistes, den ich lieber als ein multisensorisches Prozesssystem erfasse. Eine alt bekannte Abstraktion von diesem Begriff böte der Term Information, allerdings in Form einer speziellen und erweiterten Informatiinstheorie. Eine Herausforderung die erst dann nötig wurde, als reichlich viele Prozessinformatiker Regulationssysteme in Netzwerken modellieren mussten. Das betrifft nicht nur Robotorschwärme sondern auch die Modellierung der Allokation begrenzter Ressourcen in Krisensituationen. Ein hochkomplexer Vorgang, bei dem die Prozesse und Herausforderungen einzelner Agents rel Agency mit modelliert werden mussten.

2. nur ein versuchsweises Beispiel der Referenzierung von Differenz auf einer Dimension eines Informationsraumes:

die Summe aller möglichen Graustufen in einem Spektrum zwischen Weiß und Schwarz fasse ich als die Summe aller möglichen Ereignisse auf dieser Dimension. Möglich und zulässig, wenn ein Sensor in der Lage ist alle Ereignisse auf dieser Dimension eindeutig zu referenzieren, zu lokalisieren und vollständig zu prozessieren. Ist das nicht der Fall, spreche ich von einer endlich unendlichen Menge unzulässiger Ereignisse. Endlich deshalb, da ihr Informationsraum beschränkt ist und unendlich, weil die Anzahl der Ereignisse dieser Art über den Zeitverlauf unendlich groß sein kann.

Die zu codierende Differenz dieses linearen eindimensionale Ereignisraumes ist der Kontrast. In seinem Maximum schwarz | weiß als Unterscheidung und Beobachtungseigenschaften dieses eindimensionalen linearen Informationsraumes.

In einem Sensor codiert und referenziert, wird nicht die endlich unendliche (Graustufen)Menge aller möglichen Ereignisse, sondern der Kontrast, als Differenz und Referenz. Was als tatsächliches Ereignis in Erscheinung treten kann ist nicht eine spezifische Graustufe, sondern die Relation, Referenz und Differenz als Kontrast. Auch ein einzelner Ton in einer Musik hätte keine Chance auf ‚Ereignishaftigkeit‘ wenn er nicht in Relation oder als Relation der Relation im Verhältnis zu einem Tonraum in Erscheinung treten könnte. Eine Oktave, eine Quinte, eine Terz, ein Bezugsthema, eine spezifische Tonfolge die einen ‚Ereignisraum‘ also Information formt. Information auch hier, kann nur dort vermutet werden, wo etwas in Bewegung geraten ist. Nur ihre zeitliche Aneinanderreihung und aufeinander Bezugsfähigkeit, formt ‚Raum‘.

3. es ist das, worauf Derrida in seiner Formung: ‚Eine gewisse mögliche Unmöglichkeit, von einem Ereignis zu sprechen‘ hinaus wollte.

Ich kann nicht von einem Ereignis einer spezifischen Graustufe oder einem einzelnen Ton sprechen, ohne über eine Referenzierung (codierte Information) zu verfügen.

Die Implikationen daraus sind weitreichend……..insbesondere auch für die Referenzierung von Preisen, Gütern, Waren, Märkte, Marketing, Produzenten – Konsumenten Relationen und allerhand Märkten in denen Preise in Erscheinung getreten waren, ohne dass es bislang möglich ist, ihren Informationsraum und Bezugssystem analytisch explizit darzustellen….

Information in dieser Lesart impliziert beides: Beobachtung und! Wahrnehmung und! Interaktion……

vielen lieben Dank Euch allen, ich hoffe es formt sich langsam doch etwas produktiver zusammen….. ? Anschlussfähig und Wirksam…?

liebe Grüße 
Henry 

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